Bildungsstreik in Berlin: Unis versuchen sich in Selbstkritik

Die Universitäten räumen ein, selbst Fehler bei der Umstellung auf Bachelor- und Master-Studiengänge gemacht zu haben. Doch Veränderungen gibt es, wenn überhaupt, nur sehr langsam.

Diese Forderung können auchdie einstigsten Unirektoren nicht erfüllen: Transparent bei der Bildungsstreikdemo am Dienstag in Berlin Bild: dpa

Während Studierende der Berliner Universitäten Hörsäle besetzt halten und weitere Proteste vorbereiten, kommen aus den Universitäten selbstkritische Töne. "Wir haben sicher auch Fehler gemacht", sagt TU-Vizepräsident Jörg Steinbach. Zwar liege die Wurzel der Probleme außerhalb der Universitäten: "Bei der Umstellung der Studiengänge sind durch Geld motivierte Gedanken in die Studienordnung eingeflossen, die da nichts zu suchen hatten."

Gleichzeitig hätten jedoch die Hochschulen selbst Fehler gemacht, zum Beispiel Module gebaut, die sich über mehrere Semester erstrecken und so verhindern, dass Studenten ins Ausland gehen. Derartige Probleme müssten in Zukunft korrigiert werden. Denn: "Bis jetzt ist nur der Fehler erkannt."

Nach der Demonstration für Bildungsreformen mit rund 15.000 Teilnehmern am Dienstag wollen die Studenten nachlegen. Am heutigen Donnerstag treffen sich die Studierenden der Humboldt-Universität um 16 Uhr zur Vollversammlung im Audimax. Dort soll unter anderem geklärt werden, wie die Proteste weiterlaufen sollen.

Um 18 Uhr ist eine Diskussion von Studierenden mit Dozenten geplant. Ort ist der besetzte Hörsaal 1A in der Silberlaube der Freien Universität (FU).

Am Freitag wird zum "Ent-Führungstreffen" aufgerufen. Angelehnt an das in Frankreich praktizierte "Boss-napping" wollen die Teilnehmer ein Treffen von Managern, Aufsichtsräten und Spitzenpolitikern im Hotel Adlon in Mitte blockieren. Treffpunkt ist um 16 Uhr im Innenhof der Humboldt-Universität.

Dass sich seit der ersten Protestwelle im Juni noch nicht viel getan hat, erklärt Steinbach folgendermaßen: "Wir mussten rund 80 Studiengänge innerhalb von zwei Jahren umstellen. Da ist jeder froh, wenn er das mal hinter sich gebracht hat - und will nicht am nächsten Tag wieder etwas ändern." Zudem habe jeder, der ein Studium anfängt, auch das Recht, es nach dieser Studienordnung zu beenden. Daher solle es tiefergehende Änderungen erst geben, wenn die alten Studiengänge mit den Abschlüssen Magister und Diplom ausgelaufen sind.

Laut Thomas Richter, Sprecher der Humboldt-Universität (HU), hat die HU durchaus etwas getan. "Wir haben es aber nicht so gut schafft, den Studierenden das zu vermitteln", sagt Richter. Die Uni arbeite eigentlich bereits seit Juni an Korrekturen der Bologna-Reform. So würden nach und nach sämtliche Studienordnungen überprüft und gegebenenfalls verändert.

Zwar habe es bereits 2007 Studien zur Studierbarkeit einzelner Fächer gegeben, doch die Proteste im Juni hätten dazu geführt, dass nun systematisch die Studienordnungen überarbeitet würden. Noch sei allerdings keine einzige Änderung abgeschlossen. "Uns ist es wichtiger, das ordentlich zu machen, als aufs Tempo zu drücken", sagt Richter.

Zudem müssten einige Probleme "im System" gelöst werden. "Das betrifft zum Beispiel die Anwesenheitskontrollen, die die Studierenden abgeschafft haben wollen." Auch hier sei noch nichts entschieden, der Akademische Senat der Universität werde sich auf seiner nächsten Sitzung mit dem Thema befassen - in drei Wochen. Bei anderen Forderungen seien den Universitäten grundsätzlich die Hände gebunden. "Es fehlt an Geld im System", sagt Richter. Einen Systemwechsel, zurück zu Magister und Diplom, wie ihn zahlreiche Studenten fordern, werde es allerdings nicht geben.

TU-Vize Steinbach erneuerte sein Angebot, einen runden Tisch einzurichten. "Ich würde versuchen, eine Reihe von Studiendekanen dafür zu gewinnen", sagte er. Ein Vertreter des Asta hatte gegenüber der taz sein Misstrauen bekundet. Es sei zu befürchten, dass es - wie bislang - zwar viele Diskussionen, aber wenig Taten geben werde.

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